Wie Wissenschaft zu Kindeswohl und Umgangsrecht in Deutschland selbst durch Ministerien manipuliert wird

Das Kindeswohl – Studien auf politischen Wunsch und Maulkorb für die Wissenschaft?

Kritische Fragen von Parlamentariern zur Studie Kindeswohl und Umgangsrecht beantwortet das Bundesfamilienministerium (BMFSFJ) erst gar nicht oder weicht aus. Am kommenden Mittwoch (18.10.2023) sollen die Ergebnisse im Familienausschuss von den vom Ministerium finanzierten Personen vorgestellt werden, die im Verdacht stehen, genau diese Ergebnisse manipuliert zu haben. Wer wieder einmal fehlen wird: Dr. Stefan Rücker, der jahrelang Gesicht und Stimme der Studie war. Hat man Angst, er könnte die Wahrheit sagen? Gibt es einen Maulkorb für die Wissenschaft? Das Portal kindeswohlundumgangsrecht.de stellt weiter kritische Fragen, denn solche Manipulationen wurden schon einmal im Nutriscore-Skandal von Foodwatch aufgedeckt.

Nach acht Jahren wurde die Studie Kindeswohl und Umgangsrecht im Sommer 2023 veröffentlicht. Die originalen Ergebnisse aus dem Jahr 2019 weichen massiv von den 2023 unter Mitwirkung von Prof. Sabine Walper veröffentlichten Ergebnissen ab. Plötzlich passen sie in die politische Agenda des BMFSFJ. Pikant: Walpers Deutsches Jugendinstitut (DJI) wird weit überwiegend durch das BMFSFJ finanziert.

Maulkorb für die WIssenschaft

Nicht die erste Form von ministeriumskonformer „Studienanpassung“

„Die Vorgänge wecken böse Erinnerungen an den Nutri-Score-Skandal, bei dem unliebsame wissenschaftliche Erkenntnisse „wunschgemäß“ durch eigene Institute umgeschrieben werden sollten“, erläutert Markus Witt vom Portal kindeswohlundumgangsrecht.de. Im dortigen Verfahren auf Herausgabe von Studienunterlagen stellte das Verwaltungsgericht Köln klar, dass Informationsfreiheitsgesetz (IFG) „schützt die Behörde bei der Entscheidungsfindung auch nicht vor politisch unliebsamen Ergebnissen von eingeholten Fachstudien“.

Das Bundesfamilienministerium wollte sich diesem Vorwurf offensichtlich nicht aussetzen und plante die Vernichtung des belastenden Beweismaterials und früherer Versionen. Entsprechende Schreiben aus den Gerichtsverfahren, die dies beweisen, liegen vor.

Der Skandal ist mittlerweile im Familienausschuss des deutschen Bundestages angekommen. Kritischen Fragen wich das Ministerium in einer Anhörung am 27.09.2023 aus oder beantwortete diese erst gar nicht. Am kommenden Mittwoch sollen die Studienergebnisse von Prof. Walper und Dr. Büttner (Projekt PETRA) vorgestellt werden. Der über alle Jahre als Gesicht und Stimme der Studie wahrgenommene Dr. Stefan Rücker steht nicht auf der Rednerliste. „Bei Prof. Walper besteht aufgrund ihrer finanziellen Abhängigkeit und der im Raum stehenden Vorwürfe der Manipulation der begründete Verdacht, dass sie weniger wissenschaftlich, dafür aber mehr im Sinne ihres Geldgebers, des BMFSFJ, Position beziehen wird. Dr. Büttner trat über alle Jahre nie in Erscheinung. Warum also kommt Dr. Rücker nicht zu Wort? Hat er Zweifel an seiner eigenen Arbeit oder besteht die Sorge, er könnte die Wahrheit sagen?“, fragt Witt. Rücker hatte sich wie auch mehrere Mitglieder des wissenschaftlichen Beirates in der Vergangenheit mehrfach kritisch zu den Abläufen geäußert, soweit ihm dies im Rahmen seiner vertraglichen Bindung an das BMFSFJ möglich war. Gibt es jetzt einen Maulkorb für die Wissenschaft?

Es braucht mehr Transparenz!

Um Transparenz in die Abläufe rund um die Studie zu erlangen, hat das Portal kindeswohlundumgangsrecht.de weitere Anfragen nach dem Informationsfreiheitsgesetz gestellt. Man möchte wissen, was der Inhalt des angeblichen Vergleiches mit dem Bundesdatenschutzbeauftragten ist und die Veröffentlichung der Forschungsdaten erreichen. Damit könnten die Ergebnisse von Wissenschaftlern überprüft werden. Dieser Schritt zur Transparenz ist sonst üblich bei wissenschaftlichen Arbeiten, fehlt bei Kindeswohl und Umgangsrecht bisher aber noch.

„Wir bleiben am Thema so lange dran, bis Klarheit besteht, welche belastbaren Ergebnisse es zum Thema Kindeswohl, Kindeswille und Umgangsrecht aus der vom Steuerzahler finanzierten Studie es tatsächlich gibt“, kündigt Witt an.

Auf der Seite kindeswohlundumgangsrecht.de sind sämtliche Studienergebnisse veröffentlicht. Diese wollte das Bundesfamilienministerium jahrelang geheim halten, leugnete teils deren Existenz. Erst nach vier Jahren vor Gericht erfolgte im Sommer 2023 die Herausgabe auf Basis des Informationsfreiheitsgesetzes (IFG). Auf der Seite findet sich auch eine vollständige Chronik sowie Vergleiche und Gegenüberstellungen der Aussagen der unterschiedlichen Studienversionen. Diese lassen insbesondere seit der Einbeziehung von Prof. Sabine Walper eine deutliche Anpassung an politisch erwünschte Ergebnisse erkennen, welches es in der ursprünglichen, wissenschaftlichen Version so nicht gab.

Ergänzende Informationen

VG Köln 13 G K 4645/19 vom 28.07.2022, https://www.foodwatch.org/fileadmin/-DE/Themen/Ampel/Dokumente/Urteil_Verwaltungsgericht_Koeln_MRI.pdf

https://www.foodwatch.org/de/lobbywuensche-statt-wissenschaft-kloeckner-ministerium-nahm-einfluss-auf-ampel-studie

https://www.foodwatch.org/de/foodwatch-gewinnt-rechtsstreit-gegen-bundesernaehrungsministerium-ministerien-muessen-forschungsergebnisse-unzensiert-herausgeben

Anfrage zu den Forschungsdaten bei fragdenstaat.de

Anfrage zum Inhalt des Vergleiches mit dem Bundesdatenschutzbeauftragten bei fragdenstaat.de

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