Kindeswohl und Umgangsrecht ist nicht nur ein komplexes Spannungsfeld. Es ist auch der Titel einer Studie, die dem deutschen Gesetzgeber eine objektivierbare Entscheidungsgrundlage für Reformen des Kindschaftsrechts liefern sollte. „Es gehe darum, das Umgangsrecht so zu gestalten, dass es „dem Wohl des Kindes bestmöglich entspricht“. Wie also kann man in Deutschland Trennungskindern helfen?
Sind deutsche Kinder anders als Kinder in Nachbarländern?
Man wollte sich nicht auf internationale Studien verlassen, da Kinder in Deutschland ja möglicherweise ganz anders wären. Man wollte Trennungskindern bestmöglich helfen – und solange erst mal gar nichts tun. Die Erklärung überzeugte bereits von Beginn an nicht. Schon früh wurde der Verdacht geäußert, dass die Studie lediglich ein Vorwand ist, um die dringend notwendigen Reformen des Familienrechts weiter zu verzögern. So viel vorweggenommen, dieser Verdacht hat sich im Verlauf der Ereignisse bestätigt. Der politische Wille, im Sinne des Kindeswohls positive Veränderungen des Familienrechts vorzunehmen, war auch im Jahr 2023, über Sonntagsreden hinaus, von keiner Partei zu erkennen.
2014 initiiert, wurde die Studie im Mai 2019 im Bundesfamilienministerium (BMFSFJ) vollständig abgeliefert. Fortan versuchte das BMFSFJ, die Veröffentlichung und Herausgabe zu verhindern. Die Erkenntnisse der Wissenschaftler schienen den politischen und ideologischen Vorstellungen des Ministeriums nicht zu entsprechen. Bürger, Presse ja selbst Abgeordnete des Deutschen Bundestages wurden jahrelang belogen.
Kindeswohl und Umgangsrecht und der politische Unwille
Die Seite „Kindeswohl und Umgangsrecht“ zeichnet die Chronik der Studie nach, in deren Verlauf bereits sehr früh Hinweise auf Manipulationen und Eingriffe durch das BMFSFJ bekannt wurden.
Im Sommer 2023 mussten die Unterlagen, für welche der Steuerzahler bezahlt hatte, an einen Vater und Rechtsanwalt herausgegeben werden. Er hatte nach dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG) geklagt und in allen Instanzen gewonnen. Ihm wie auch hunderten weiteren Bürgern sollte unter teils abenteuerlichen Begründungen bis hin zu Lügen sein ihm gesetzlich zustehendes Recht verweigert werden. Unterstützt wurde das BMFSFJ auf der Zielgeraden noch durch den (politisch nahestehenden) Bundesdatenschutzbeauftragten. Dieser wirkte an der bei der vierjährigen Verzögerung der Veröffentlichung tatkräftig mitwirkte. Allein dieses Verfahren für sich genommen ist ein Skandal.
Nur, warum macht ein Bundesministerium so etwas? Die Ergebnisse der Wissenschaftler sind weitgehend im Einklang mit internationalen Forschungsergebnissen. „Streit schadet den Kindern“ und „Gemeinsame Elternschaft dient in der Regel dem Kindeswohl“ lauten die übergreifenden Feststellungen. Dies bestätigte in Deutschland bereits die im Auftrag des Bundesjustizministerium (BMJ) im Jahr 2002 erstellten „Proksch-Studie“. Sie zeigte weitgehend bekannten Handlungsbedarf des Gesetzgebers auf. Der Ergebnisse von Proksch wurden nie in die Gesetzgebung übernommen, seine Arbeit verschwand im „Giftschrank“.
Das BMFSFJ als Hochburg des „allein-erziehen-wollens“?
Gemeinsame Elternschaft in Deutschland scheint politisch nicht erwünscht zu sein. Gerade das BMFSFJ gilt als eine Hochburg des „Allein-erziehen-wollens“ und des ideologischen Festhaltens an der Alleinzuständigkeit von Müttern für Kinder. Das Engagement von Vätern wird fortwährend ausgebremst. Beim Thema häuslichen Gewalt wird nahezu ausschließlich Gewalt gegen Frauen thematisiert. Fördergelder werden nur an diejenigen Einrichtungen und Institutionen vergeben, welche diesem Bild entsprechen. Mit der Lebenswirklichkeit und den Wünschen der Menschen und insbesondere von Eltern und Kindern haben diese Ideologien allerdings herzlich wenig zu tun.
Die Erkenntnisse der Studie „Kindeswohl und Umgangsrecht“ im Übrigen auch nicht. Denn die Studienergebnisse stützen das, was sich die Menschen wünschen: gemeinsame Elternschaft. Dies bestätigte bereits 2017 eine Studie des Instituts Allensbach „Gemeinsam getrennt erziehen“ – Auftraggeber war auch hier das BMFSFJ. Und genau aus diesem Grunde sollten die Ergebnisse von „Kindeswohl und Umgangsrecht“ wohl auch nicht veröffentlicht werden.
Neutrale Wissenschaft ideologisch unerwünscht?
Es hatte den Anschein, als dass das BMFSFJ sich nicht noch einmal des Vorwurfes aussetzen wollte, wissenschaftlichen Erkenntnissen nicht zu folgen (wie z.B. bei Proksch, der gemeinsamen elterlichen Sorge und zum Thema Gewalt). Nur lieferte die Wissenschaft leider nie die vom Ministerium erwünschten Ergebnisse. Vielleicht plante man deshalb eine Studie, deren Ergebnisse man im Vorfeld bereits festlegt. „Seht her, wir folgen der Wissenschaft“, hätte die Botschaft lauten können. Mit dem Untertitel „wenn sie das liefert, was wir ihr vorgegeben haben“.
Dies klappte offensichtlich nicht. Der zwischenzeitlich verstorbene Studienleiter, Prof. Franz Petermann, äußerte zu den Manipulationsversuchen.
„Ich lasse mir von denen nicht meinen Ruf als unabhängiger Wissenschaftler kaputt machen“.
Dies war dann wohl auch der Grund, weshalb nach Petermanns Tod und erfolgter Abgabe der vollständigen Forschungsergebnisse Prof. Sabine Walper vom Deutschen Jugendinstitut (dji) zur Studienleitung berufen wurde. Das dji hat ein eigenes Referat im BMFSFJ und wird überwiegend von diesem finanziert. Es bot damit vermutlich die größere Gewähr, politisch erwünschte Ergebnisse abseits wissenschaftlicher Erkenntnisse zu liefern. Die nach Vorliegen der Studie „Kindeswohl und Umgangsrecht“ im Mai 2019 eilig erstellte, trojanische Wechselmodellstudie „Familienmodelle in Deutschland“ (FAMOD) hatte dies ob ihrer offensichtlichen Manipulationen nicht erreichen können.
Trennungskindern helfen oder weiter im Streit zerreiben?
Das Vorgehen rund um die Studie „Kindeswohl und Umgangsrecht“ ist ein erschreckender Beleg, wie rücksichtslos und ideologiegetrieben durch das BMFSFJ und zahlreiche weitere politische Kräfte Verbesserungen im Sinne der Kinder und ihrer getrennten Eltern verhindert werden. Es profitieren vom kontradiktorischen Familienrecht vor allem Anwälte, Gutachter und Elternteile, welche „allein-erziehen-wollen“. Diese können sich zu oft diesen Status durch Streit und Eskalation sichern. Auf Kosten und zu Lasten ihrer eigenen Kinder und des anderen Elternteils.
Solche aufgrund der geltenden Gesetze immanente Eskalationen eines kontradiktorischen Familienrechts treffen zu oft auf schlecht qualifiziert und überlastete Familiengerichte und Jugendämter. Diese bedienen sich dann wieder Trägern der Jugendhilfe, um den Schaden einzudämmen, welcher durch schlechte Gesetze und deren defizitäre Anwendung entstanden ist. Ein für Trennungsfamilien häufig aussichtsloser Weg, aber milliardenschwerer Markt. Die Rechnung zahlen nicht nur Eltern und Kinder, sondern auch jeder Bürger mit seinen Steuern.
Volle Transparenz der Ergebnisse
Die Seite Kindeswohl und Umgangsrecht stellt nicht nur sämtliche Informationen und Dokumente zur gleichnamigen Studie zur Verfügung. Informationen, die wirklich Trennungskindern helfen können. Dokumente, welche unabhängige Wissenschaftler erstellt haben und kein Ministerium oder von denen abhängige Institute wie das dji. Auch die Veränderungen zwischen der ersten Version vom 02.05.2019 und der vom 13.11.2019 zeigen wir auf. An zahlreichen Stellen wird dort bereits die Handschrift des Ministeriums sichtbar.
Angriff auf die Freiheit der Wissenschaft
Die Vorgänge rund um die Studie „Kindeswohl und Umgangsrecht“ sind ein Angriff auf die verfassungsrechtlich geschützte Freiheit der Wissenschaft Art. 5 (3) GG. Sie zeigen auch, wie ideologiegeleitet selbst durch Bundesministerien Politik gegen die Interessen und Bedürfnisse der Menschen, Bürger, Wähler betrieben wird. Und noch schlimmer: zum Schaden von Kindern.
Fragen, die beantwortet werden müssen.
Und was wird nun nach der Veröffentlichung der Ergebnisse und Offenlegung der Lügen und Manipulationen passieren?
- Wird man Trennungskindern endlich helfen? Werden die lange überfälligen und auch für diese Legislaturperiode wieder angekündigten Reformen des Familienrechts unter Einbeziehung von Fakten endlich umgesetzt oder wieder verzögert?
- Werden die Lügen und Manipulationen von Beamten, Staatssekretären und Bundesministerinnen, selbst gegenüber dem Bundestag, politisch aufgearbeitet?
- Werden die für diesen Skandal verantwortlichen MitarbeiterInnen zur (auch arbeits- und beamtenrechtlichen) Verantwortung gezogen und ihrer Pflichten enthoben?
- Wird es eine strukturelle Reform und Neuaufstellung in den betreffenden Abteilungen des BMFSFJ geben, um solche Vorgänge zukünftig zu verhindern?
- Wird es überhaupt ein Anerkenntnis von Ministerin Paus geben, dass innerhalb ihres Hauses Fehler bei der Handhabung der Studie gemacht wurden?
- Werden die ideologischen Widerstände gegen die gemeinsame Elternschaft aufgegeben oder wird zum Schaden unserer Kinder weitergemacht wie bisher?
Wir werden auch die weiteren Entwicklungen kritisch beobachten und darüber berichten. Wir stellen die Transparenz her, welche das Bundesfamilienministerium verhindern wollte. Die Transparenz, auf welcher jeder Bürger ein Anrecht hat.
Nachsatz
Dieser Artikel wurde vorbereitend zur Veröffentlichung bereits Mitte August 2023 erstellt. Zum Start der Website und Veröffentlichung der Ergebnisse aus 2019 Ende August 2023 ist in diesen Tagen noch „spontan“ die Veröffentlichung der 2023-Version von „Kindeswohl und Umgangsrecht“ erschienen. Scheinbar wollte das Ministerium, nachdem die 2019-er Unterlagen herausgegeben wurden, noch schnell die Möglichkeit sichern, seine Version in die Öffentlichkeit zu bringen und die alleinige Herrschaft über die Meinungsbildung zu wahren. Schon nach dem ersten Abgleich der 2019er mit den 2023er-Ergebnissen kann aber klar gesagt werden: Die Manipulationen und politisch genehmen Umdeutungen, die befürchtet wurden, finden sich in der unter Prof. Walper erstellten Version deutlich wieder. Wir werden dies hier auf der Seite noch im Detail darstellen, wenn ausreichend Zeit zur gewissenhaften Prüfung besteht.
Und eine wichtige Frage bleibt weiterhin unbeantwortet: Wie konnte überhaupt an der Studie weitergearbeitet werden, wenn doch der Bescheid des Bundesdatenschutzbeauftragten angeblich jegliche Arbeiten an der Studie untersagte?